Header Image

Geistlicher Missbrauch Schweiz

Die Liebe wird erkalten


Und weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.
(Matthäus 24,12)


Grundsätzlich wird diese Bibelstelle meist so verstanden, dass sie an „Ungläubige“ gerichtet ist, und sich dieses Ereignis (Die Liebe wird erkalten) auf „die Welt“ bezieht.

Es ist jedoch einmal mehr interessant, dass Jesus diese Verse zu seinen Jüngern spricht.
Viel interessanter ist die Tatsache, dass diesem Vers folgende Worte Jesu vorangehen:

Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen.
(Matthäus 24,11)


Nach meiner Auffassung richtet sich dieser Vers vorwiegend an die Christen.
Viele werden verführt durch falsche Propheten, was zur Folge hat, dass die Ungerechtigkeit überhand nehmen, und die Liebe erkalten wird.

Es scheint leider eine Tatsache, dass Christen oft die schwierigeren Zeitgenossen sind, und „draussen“ nicht selten unangenehm auffallen. Entgegen den ersten Christen in der Apostelgeschichte, haben die heutigen Christen tendenziöser einen schlechten Ruf bei denen draussen.
Kein Wunder ! Wenn es darum geht andere zu verurteilen und bevormunden, sind wir Christen meist die ersten, die sich melden. Nicht selten werden die eigenen Regeln und Lebensvorstellungen auf andere projiziert.

Besonders der Umgang untereinander scheint mir bedenklich.
Wie oft werden „Geschwister“ im Sinne des Gebets gedemütigt, erniedrigt, oder es wird schlecht über sie geredet. Getoppt wird solches Vorgehen oft mit einer „frommen“ Ausrede.

Ich möchte soweit gehen und behaupten, dass viele Christen Heute genau das Gegenteil von dem Leben, was Jesus, ihr vermeintliches Vorbild, vorgelebt hat.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, und behaupte, dass sich viele Christen, vor allem freikirchliche Christen, zu neuzeitlichen Pharisäern entwickelt haben, dies aber nicht sehen, oder sehen wollen und der Meinung sind, sie tun den Willen Gottes.

Ist es nicht so, dass die Leute, die in die gleiche Kirche gehen, oder zur gleichen Bewegung gehören, diejenigen sind, die von den Christen geliebt werden ?
Und die Leute „draussen“, sind die bösen. Die Armen, Drogensüchtigen, Schwulen, Lesben, Huren, der „weltliche Nachbar“ etc. prägen das „Feindbild“ der heutigen Christen – sie fürchten diese Leute so sehr, dass nicht selten jeglicher Kontakt vermieden wird.
Sie haben den Eindruck, und werden oft auch so gelehrt, dass sie sich von der bösen Welt abgrenzen müssen.

Schauen wir jedoch auf das Leben Jesu, werden wir sehen, dass sich Jesus mehr bei den Leuten „draussen“ aufgehalten hat, als bei den frommen Schwätzern.
Er lebte Gnade, sprach Vergebung zu und heilte die armen Seelen. Strenge und Härte erfuhren die „drinnen“, sprich die Pharisäer; die Gebäude- und Strukturenanbeter.

Die Christen entwickeln sich mehr und mehr dahin, dass sie streng, vernichtend und verurteilend gegen jedermann sind.
Nicht selten werden die eigenen Mitglieder erniedrigt und gedemütigt. Anders denkende werden mundtot gemacht, gemieden oder sogar gemobbt.

Die Liebe ist in viele Christen am erkalten, und eine Gleichgültigkeit macht sich breit.
Man besucht den Sonntagsgottesdienst, weil man das schon immer so gemacht hat, und es sich so gehört, doch im Alltag fallen nur wenige durch ihr konsequentes Jesus-nachfolgen positiv auf.

Das Nachfolgen Jesu, gelebte Gnade und Wahrheit – Gnade und Barmherzigkeit gegenüber den Schwachen und Wahrheit gegenüber den Aufgeblasenen in den frommen Reihen - wird nur noch von wenigen Christen gelebt.

Was mir immer wieder auffällt ist, dass vor allem Homosexuelle von den Christen auf schändlichste Weise angegriffen werden, bis dahin, dass man politisch gegen sie vorgeht.
Nicht, dass ich diesen Lebensstil befürworte, doch es darf nicht sein, dass wir diesen Menschen Hass und Ablehnung vermitteln.
Es ist auch für mich Wahrheit, dass die Bibel das Ausleben gleichgeschlechtlicher Sexualität als Sünde bezeichnet. – genauso werden auch folgende das Reich Gottes nicht sehen: solche die schlechte Gedanken haben, geizig sind, Ehebrecher und Trunkenbolde und was so weiter im 1. Korinther 6,9ff steht.

Jesus war ziemlich hart in seinen Ausführungen.
In der Bergpredigt sagt er ganz klar, dass es Ehebruch ist, wenn Mann eine andere Frau nur begehrt. (Matthäus 5, 27 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2.Mose 20,14): »Du sollst nicht ehebrechen.« 28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.)

Für Gott gibt es keine kleinen oder grossen Sünden.

Es hat sich mal einer genervt, dass es eine Kirche für Schwule und Lesben gibt. Na und ? Die Charismatiker trennen sich ja auch von den Konservativen – zudem sind mit grösster Wahrscheinlichkeit jeder Frei-Kirche genügend Mitglieder die nach der Stelle in Korinther das Reich nicht ererben werden. Wir alle sind Sünder und sind auf die Gnade Gottes angewiesen! Es ist schon zu sehr eine Schande, dass sich die Christen so bekämpfen, dass diese Trennungen wahr sind. Auch ist es ein Armutszeugnis, dass homosexuelle eine eigenen Kirche gründen müssen und wir nicht in der Lage sind, diese in unseren Kirchen aufzunehmen. Vineyard war am Anfang eine Kirche, die mehrheitlich aus Menschen von der Gasse bestand; wieder ein Armutszeugnis für die bestehenden Frei-Kirchen. Sollte es nicht eine Kirche geben, in der jeder Mensch geliebt wird, egal aus welchem Hintergrund? Wäre das nicht sogar das Gebot Jesu?

Viele nennen sich Nachfolger Jesus. Doch sind sie es auch ?
Mit dem tragen des WWJD Armband, oder was es davon alles gibt, ist es nicht getan. Richtig herausfordernd wird es dann, wenn ich mir allen ernstes überlege, was Jesus in dieser Situation tun würde, und dies dann auch tue.
Jesus würde in so vielen Situationen anders handeln, als wir meinen.

Die Liebe wird in vielen erkalten. Und ich bin überzeugt, dass diese Prophezeiung noch viel schlimmer wird, vor allem unter den Christen. Es ist erschreckend, wie lieblos wir Christen geworden sind, und wie stark das Unrecht in den letzten Jahren überhand genommen hat. Vor allem auch innerhalb der Kirchenmauern.
Es ist erschreckend, dass in der Welt oft mehr Liebe und Menschlichkeit vorhanden scheint, als dies in den Kirchen der Fall ist.

Ich bin weit davon entfernt, eine Allversöhnung zu „predigen“.
Vielmehr geht es mir darum erneut nachzudenken, worauf wir uns als Jünger Jesu einlassen, und wo genau wir in seiner Nachfolge stehen.