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Geistlicher Missbrauch Schweiz

Sabinas Erfahrungen

Mein Name ist Sabina . Ich bin 1968 als erstes von 9 Kindern in Deutschland geboren.
Mein Vater war Gemeindeleiter und schwer gewalttätig.
Ich wurde von Geburt an geschlagen bis ich 17 Jahre alt war.
Angst war für mich "normal", denn es gab ja kein davor.
In den Ferien fuhren wir regelmäßig in die Bibelschule Brake in die Ferien. Dort hatten sie eine wunderbare Kinderstunde und dort habe ich mich für Jesus entschieden.

Die Gewalt meines Vaters war so heftig, dass er meinen Bruder, als er 14 war, mit einem Schlag Elle und Speiche gebrochen hat, weil er sein Gesicht schützen wollte.
Ich wurde auch vor der Gemeinde geschlagen, weil ich beim Lobpreis mit dem Akkordeon ein Lied mit drei Kreuzen nicht vom Blatt abspielen konnte. Die Gemeinde hat immer weggeschaut.
Ich war in den ersten 4 Schuljahren sehr gut und mein Vater wollte, dass ich Ärztin werde.

Doch ab der 5 Klasse hatten wir auch Klassenlehrer und da "sah und hörte" ich nichts mehr. Ich sprach nicht und hatte einen kompletten Filmriss, keiner half mir.
Panische Angst vor Männern war bei mir so normal, dass ich davon nichts bemerkte.
Doch als ich mit 18 den Führerschein machen sollte, habe ich weder Strasse noch Autos, noch Schilder, noch irgendetwas "gesehen" und das ist mir dann schon etwas seltsam vorgekommen.

Überhaupt gab es einige seltsame Dinge in meinem Leben.
Mein Vater war zwar Gemeindeleiter, nur predigen konnte er nicht.
So hatten wir anfangs nur mittwochs Bibelstunde. Ein Bibellehrer kam von auswärts. Das war für mich das Highlight der Woche. Ich weiss noch heut, was wir durchgenommen haben. Seltsamerweise hatte ich dort eine Insel des Friedens.
Ich las auch sehr viel in der Bibel, weil alles biblisch begründet werden musste.
Bald fiel mir auf, dass ganz vieles falsch war, was uns so erzählt wurde.
Zum Beispiel fand ich dort keinen Hinweis darauf, dass "Karl May dämonisch" sei, das Tragen von Ketten pure Eitelkeit wäre, Selbstbefriedigung eine Sünde sei,  sowie Kino und das Tragen schwarzer Strümpfe , Schlagzeug verboten wäre und Fussball auch, aber nur sonntags.

Einmal erklärte ich meinem Vater, dass Hiobs Tochter übersetzt Schminkhörnchen heisst und daher das Schminken für Christen gar nicht verboten sein könne.
An seiner Reaktion wurde mir klar, dass es gar nicht um die Bibel ging oder um die Wahrheit.

Von da an lass ich die Bibel als Notfallmittel und jeder Tag war ein Notfall.
Als ich 17 war, engagierte mein Vater einen 27 Jahre alten Pastor. In der Not rief ich ihn an. Er und seine Frau haben mich in der Nacht zu sich geholt und mir erklärt, dass mein Vater im Unrecht sei.
Sie halfen mir und mein Vater gab ihm dafür die Kündigung. Das war Dr. Thomas Schirrmacher und Gott hat ihn dafür gesegnet.
Leider hat mein Vater weiter um sich geschlagen, als dieser Pastor weg war. Ich erinnere mich noch bestens an die Bibelstunden von Thomas Schirrmacher: Römer, Korinther, Galater ...
Das war super!

Weil ich so gut missionieren konnte ( ich war voller Begeisterung für Jesus ), wurde ich gefragt, ob ich zur Strandmission an die Ostsee fahren wolle, jemand würde mich abholen.
Natürlich wollte ich. Ich konnte ja nicht wissen, dass mir meine Eltern (mit 17) einen Mann ausgesucht hatten, wohl der Sünde wegen, dass gar nicht erst etwas schiefgehen könnte.
Sie hatten sich sogar echt Mühe gegeben. Er war der schönste Mann, den ich je gesehen hatte. Er fuhr mit dem Mercedes vor und brachte mich in sein Elternhaus. Dort zeigte er mir meine zukünftige Wohnung und wollte zur Feier des Tages noch mit mir essen gehen. Aber ich hatte ja solche Panik vor Männern, dass ich von der Angst so müde war, dass ich beim Essen eingeschlafen bin und man mich mit aller Mühe erst nach über 10 Stunden wach bringen konnte.
Ich war dauernd übermüdet und wir durften nie ausschlafen. Viel später habe ich dann von meiner Mutter erfahren, dass wir nicht ausschlafen durften, weil sie Angst davor hatten, wir könnten Selbstbefriedigung betreiben.
Jedenfalls hatte ich es mit Ach und Krach bis zur 10 Klasse geschafft und wollte dann vom Gymnasium weg, weil es mir dermassen schlecht ging seelisch.
Ich bekam eine Lehrstelle bei einem Ältesten aus der Gemeinde. In der Berufschule war ich sofort wieder Klassenbeste.
Doch eines Tages kam meine Ausbilderin mit weit aufgerissen Augen zu mir und sagte schnell und leise zu mir: "Der Chef spinnt. Mach das nicht!"
Ich wurde von ihm in sein Büro gerufen und musste mich ausziehen.
Trotzdem schaffte ich meine Lehre mit Bestnoten. Ich konnte nur nicht verstehen, warum andere Frauen arbeiten gingen. Wie machten die das nur? Ich hatte eine solche Angst! Darum ging ich zur Bibelschule.

Der wunderschöne Mann, den meine Eltern (oder steckten seine dahinter ?) ausgesucht hatten, hatte mich wieder zurück geben müssen, weil ich nicht auf diese Situation reagieren konnte.
Ich war aus Panik gemacht von oben bis unten.
Und so kam ich auf die Bibelschule und mein Leben änderte sich.
Dort lernte ich nämlich meinen Mann kennen - meine andere Seite.
Wir bekamen drei gesunde Kinder und es war wunderbar!
Die sind inzwischen alle drei erwachsen.
Mein Mann ist Schweizer und wir leiteten im Wallis ein Hotel.
Danach kamen wir in die Region Bern und hatten Zeit, um in eine Gemeinde zu gehen.
Dort begann ein freundschaftliches Verhältnis zwischen mir und der zweiten Pastorin. Es war nämlich keine normale reformierte Kirche, sondern eine mit einem Gläubigen Pastor. Der war aber nie da.
Diese Pastorin und ich wollten ein Kirchenkaffee organisieren.
Es gab aber zwei Lager in der Kirche - die Gläubigen und die Normalen. Davon wusste ich aber nichts, denn wir waren neu.
Ich fragte den zuständigen "Finanzminister", wie das mit dem Kaffeegeld sei. Er wollte, dass eine Tasse Kaffee 0,50 Fr. kosten würde.
Ich malte daher ein Schild: Kaffee 0,50 Fr.
Von dem Moment an war ich in der Hölle. Die Gläubigen beschuldigten mich mit den Normalen (Finanzminister) zu paktieren.
Ich wurde angeschrien, beschuldigt und gemobbt.
So kam es, dass ich eine Woche später in die Psychiatrie eingewiesen werden musste, weil ich so verwirrt war, dass ich nicht mehr schlafen konnte.
Ich war wegen 0,50 Fr. und jede Menge unbereinigter Beziehungen dieser Gemeinde, inklusive Machtmensch (offiziell nicht zuständig, inoffiziell der Besitzer dieser Gemeinde) 7 Jahre schwer krank und hatte drei kleine Kinder damals, der Jüngste war ein Jahr alt.

In der Psychi war ich nur 4 Wochen. Ich wurde danach von einem gläubigen Hausarzt betreut, der meine Medikamente gegen meinen Willen so überdosierte, dass ich zwei Jahre lang schwerste Depressionen hatte.
Man hatte uns ein Leben lang eingetrichtert, dass alle Psychiater vom Teufel seien. Aber weil es mir unerträglich schlecht ging, suchte ich mir dann eine gläubige Psychiaterin.
Sie gab mir die richtigen Medikamente, aber behauptete, dass solche Dinge, wie ich erzählen würde, nicht passieren könnten unter Gläubigen.
Die 4 Jahre Therapie waren deshalb fast völlig vergeblich.
Anstatt das Problem zu finden, schickte sie mich zum Geisteraustreiben. Alle psychischen Krankheiten sind ja schliesslich Sünde, wie manche heute noch predigen!
Inzwischen waren wir erneut umgezogen und gingen ins Neue Land Schwarzenburg.
Weil man mir für alle Probleme die Schuld gegeben hatte und ich das irgendwie glaubte, wollte ich es diesmal super machen und überhörte alle inneren Warnungen.
Es gab eine "geistliche Leiterschaft" mit ständiger Überwachung und ohne jeden Respekt für unser Privatleben. X Mal musste mein Mann den Notarzt rufen, weil ich ständig extreme Panikattacken bekam.
Vor diesem Pastor hatte ich geradezu Todesangst. Heute weiss ich, dass ich so auf Narzisten reagiere, aber damals wusste ich das noch nicht.
Einmal durfte ich die Deko machen. Es war ein Ehekurs geplant und ich dachte natürlich sofort an das Hohelied der Liebe. Ich schleppte einen Baum in die Kirche und ein Bett im Gras und hängte Früchte dran und machte ein Gedicht. Ich machte einen Weg aus Milch und Honig. Jeder Tisch war anders geschmückt, mit Trauben und Salböl und Versli...
Die Gäste waren total begeistert und nahmen die Hälfte der Deko einfach mit.
Aber der Pastor war so sauer, dass ich fürchtete, Blitze würden aus seinem Kopf heraus kommen. Er hatte nämlich nicht an das Hohelied gedacht, sondern wollte über "Streit" referieren und musste das tun in einem Meer von Milch und Honig.

Sehr stoßend war für mich der ewige Krieg gegen meine Weiblichkeit. Ich hatte noch nie in meinem Leben einen anderen Mann als Freund gehabt, ausser meinem eigenen, aber das hielt Leute, die selber ein extrem wildes Leben geführt hatten nicht davon ab, mich zu beschuldigen und anzuklagen.
Einmal kam eine Frau aus der Gemeinde bei mir vorbei, ging ins Schlafzimmer, machte den Schrank auf und sagte mir, was ich anziehen dürfte und was nicht. Ihre Begründung: Ich sei zu schüchtern und würde ihren Mann durcheinander bringen. WHAT???

Ich wunderte mich auch, dass wir in dieser Gemeinde in 5 Jahren nur einmal in der Bibel lasen und da war der Pastor nicht am Ruder.
Darum lud ich einmal pro Woche mehrere Frauen ein zum Joggen und Bibellesen. Drei dieser Frauen waren Freundinnen aus dem Neuen Land.
Plötzlich bekam ich einen bösen Anruf aus der Gemeindeleitung, ich müsse die Namen dieser Frauen bekannt geben.
Mir wurde erklärt, unser Pastor hätte das Land auf dem unser Haus steht (wir hatten inzwischen ein Schulhaus gekauft ), im Gebet eingenommen und ich müsste ihn  daher fragen, ob das Bibellesen bei uns erlaubt sei oder nicht.
Das war der Moment, wo mir der Kragen geplatzt ist. Ich erklärte ihm, dass dieses Haus mein Mann gekauft hätte und mein Chef sei der liebe Gott und mein Mann. Punkt.
Da sagte er mir am Telefon, dass er dafür sorgen würde, dass ich alle Freunde verlieren würde.
Von da an waren wir vollständig isoliert.
Wie bekamen einen Brief, in dem stand, dass ich eine Gemeindezerstörerin sei und nicht mehr in die Gemeinde kommen dürfte, unterschrieben von 8 Personen, die keinen blassen Schimmer hatten und auch nicht nachgefragt haben.
Niemals wollte einer aus der Gemeinde diesen Brief lesen. Keiner hat sich für einen Beweis interessiert.
Danach hatten wir drei Jahre keine Gemeinde und ich wunderte mich über alle Massen, dass ich mich zum erstmal ziemlich gesund fühlte und keine Panikattacken mehr hatte.
Wir wollten uns engagieren gegen geistlichen Missbrauch und darum traf ich auf einen Therapeuten, der eine Spezialausbildung zu diesem Thema hat. Er hat dann ganz viel bewirkt und das war nicht immer gerade einfach. Ich lernte auch Auto fahren und bekam ein Handy.

Es war immer noch nicht herausgekommen, dass ich eine Posttraumatische Belastungsstörung habe und so meinte dieser Therapeut, dass ich eine Arbeit suchen sollte.
Keine Chance! Ich hatte erneut solche massiven Panikattacken, dass ich mir wieder einen Psychiater suchte, diesmal aber einen "Ungläubigen".
Erstmals wurde die richtige Diagnose gestellt. Er hatte diese seltsame Blindheit nicht. Ich war nur in der Kirche gewesen und habe dasselbe, wie jemand, der im Krieg gewesen war!

Damals meinte ich, dass die Freikirche die Gemeinde Jesu sei. Es wurde uns gehirnwäschemässig eingetrichtert, dass man die Freikirche nicht verlassen dürfte  und so probierte ich es nach insgesamt 9 Jahren Therapie wieder, diesmal bei der Heilsarmee.
Nur - diese Geschichte will keiner hören. Ich erspare mir das und meinen Lesern auch.
So stieg ich mit 50 Jahren aus der Freikirche aus. Das war vor drei Jahren. Wir beschlossen das auszuprobieren, was mein Mann schon vor Jahren im Kopf hatte, nachdem er "Schrei der Wildgänse" und die Frank Viola Bücher gelesen hatte. Ich kam auf Facebook und fand dort Christen, die aus Überzeugung in keine Gemeinde mehr gehen. Endlich konnte ich interessante Gespräche führen !
Eine Frau lud mich ein und schenkte mir das Buch: "Romana und die Nikolaiten" von Markus Nann.
Es war, als hätten jemand, ohne mich zu kennen, ein Buch über mich geschrieben. Mir wurde dieser ganze schreckliche Betrug klar, dass die Freikirche nicht die Gemeinde Jesu ist, sondern eine Fälschung. Es gibt dort vereinzelt Gläubige, aber genau mit denen wollte ich mich ab jetzt treffen ohne diese gruselige Verpackung.

Natürlich kann ich nicht alle Missbräuche aufschreiben.
Egal, wo auch immer ich Hilfe suchte, beim Prophet Reber, in der Schule für Heilung, bei der KEB (Kinderevangelisationsbewegung), ich wurde angebrüllt, der Lüge bezichtigt, beschuldigt, in die Irre geführt. Das, was mir immer sehr gut getan hat, war das Gespräch mit Jesus und das Bibellesen.
In den schlaflosen Nächten, im Gespräch mit ihm, fand ich Heilung.

Ich habe euch das alles aufgeschrieben, damit ein paar Weise erkennen, wie gefährlich und verbreitet geistlicher Missbrauch ist. Ich lasse mich nicht mehr zum Schweigen bringen und hoffe, dass noch mehr Opfer in die komfortable Lage kommen, auspacken zu können.